Die Schneeschaufel gehört zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen auf einer Wintertour. Auch wenn Lawinen auf den ausgewiesenen Routen in den typischen Tourgebieten in Skandinavien eher selten sind, kommt die Schaufel dennoch täglich zum Einsatz. Am besten eignen sich hochwertige Aluminium-Lawinenschaufeln aus dem Bergsportbereich. Leider sehe ich immer wieder Menschen mit Kunststoff-Lawinenschaufeln aus Lexan oder einfachen Aluschaufeln aus dem Baumarkt. Diese Modelle halte ich im Winterfjell für ungeeignet. In diesem Beitrag geht es daher um die vielfältige Nutzung und wie du herausfinden kannst, ob deine Schneeschaufel dafür taugt.
Inhaltsverzeichnis
Wozu brauchst du die Schneeschaufel?
Die Schneeschaufel brauchst du für viele alltägliche Routinen beim Zeltaufbau und -abbau. Zusätzlich nutzt du sie für eine Menge Aufgaben, die einfach mehr Komfort bringen. Ein paar Beispiele:
- Ein- und Ausbuddeln der Schneeheringe
- Bau einer Windschutzmauer
- Ausheben der Apsis zu einer gemütlichen Zeltküche
- Graben eines Toilettenloches
- Ausgraben des Zeltes während und nach einem Schneesturm (Schaufel immer mit ins Zelt nehmen!)
- Graben nach Wasser oder transformiertem Schnee zum Schmelzen
- Schutz vor der möglichen Stichflamme beim Entzünden des Winterkochers
- Freilegen der Hüttentür oder dem Klohäuschen
- Bau eines Notbiwaks oder einer Schneehöhle („Einbuddeln“)
Gerade der letzte Punkt geht über die normale und komfortable Nutzung hinaus und dient deiner Sicherheit!
Eine Grube im Schnee bietet Windschutz
Eine richtige Schneehöhle zu bauen, erfordert Erfahrung! Zunächst muss ein geeigneter Ort wie eine Schneewechte für eine Höhle oder eine tiefe Stelle im Schnee für eine Kantengrube gefunden werden. Gerade Wechten und geeignete Hänge sind aber häufig auch etwas lawinengefährdeter. Sei also bitte vorsichtig bei der Wahl deiner Höhle!
Leichter lässt sich oft eine Kantengrube graben und wäre daher meine erste Wahl. Dafür muss nur ein Graben so tief wie möglich (bis Stehhöhe) ausgehoben werden. Mit einer Lawinensonde kannst du die Schneehöhe schnell überprüfen, notfalls funktioniert auch ein umgedrehter Skistock. Der Graben sollte maximal schulterbreit sein, damit er sich später noch mit Schneeblöcken abdecken lässt. Bei den Maßen bietet sich eine Länge von maximal 2 m an. Bereits beim Bau bietet dieser Graben ersten Schutz vor dem Wind, sobald du darin hockst. Das ist ein großer Vorteil, weil so zum Beispiel auch eine untätige, erschöpfte Person schnell geschützt wird.
Im unteren Bereich kann der Graben nun zur Seite zu einer Höhle erweitert werden, zum Beispiel um eine Sitzgelegenheit oder eine Bank zum Liegen. Anschließend wird die Höhle oben mit Schneeblöcken verschlossen. Reichen die Schneeblöcke nicht, können die Ski und ein Stock als Stütze dienen. Oder es kann der Windsack als Plane verwendet werden. Der andere Skistock kommt mit in das Innere der Grube und dient dazu, ein Luftloch nach außen zu stechen und bei Schneefall durch regelmäßiges Stochern freizuhalten. Die Pulka kannst du als eine Art Tür verwenden und über den Eingang ziehen.
Wenn es für das Anlegen einer Grube oder Höhle bereits zu spät oder der Schnee nicht ausreichend vorhanden ist, dann bietet ein Windsack notfalls viel Sicherheit und bringt dich erst einmal aus dem Wind. Viel mehr als abwarten kann man darin aber nicht.
Brauche ich eine Lawinenschaufel auf Wintertour?
Sobald du die ausgewiesenen und markierten Fjellski-Wanderrouten in Richtung alpine Hänge mit stärkerer Hangneigung verlassen willst, gilt dasselbe wie beim Skitourengehen in den Alpen: Ja, du brauchst eine Lawinenschutzausrüstung samt LVS, Sonde und Schaufel. Aber darum geht es hier nicht.
Auch bei normalen Touren lässt gerade der sicherheitsrelevante Faktor beim Bau eines Schneebiwaks für mich nur einen Schluss zu: Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer der Tour sollte eine eigene Schneeschaufel griffbereit in Rucksack oder Pulka haben. Mindestens eine Schaufel und ein Windsack je zwei Personen gehören auch bei reinen Winter-Hüttentouren ins Gepäck. Aber auf welches Modell kannst du dich dabei verlassen?
Test von Lawinenschaufeln
Vor einigen Jahren gab es in der Zeitschrift „bergundsteigen“ (Ausgabe 04/2008) einen ausführlichen Test von Lawinenschaufeln. Und im Gegensatz zu anderen werbefinanzierten Outdoor-Blättern ging das Autorenteam dabei berechtigt hart in die Kritik mit den einzelnen Herstellern. Im Auftrag des Österreichischen Alpenvereins haben der Schweizer Lawinenrettungsspezialist Manuel Genswein zusammen mit seiner norwegischen Kollegin Ragnhild Eide ihren Artikel dann auch „Zwischen Himmel und Hölle“ betitelt und das traf es ziemlich gut. Denn selbst Modelle namhafter Hersteller versagten in dem Test als wären es Spielzeugschaufeln.
Bei mir hat der Artikel damals auf jeden Fall ein Umdenken bewirkt und ich habe mich von meinem Black Diamond Modell verabschiedet, denn im Test war sie in der Kategorie der „höllischen“ zu finden und nicht einmal „strandtauglich“. Seither nutze ich die stabile und schwere Voile Telepro und bin mit dem „Testsieger“ absolut zufrieden.
Leichte Schneeschaufel
Nun ist das Jahr 2008 eine Weile her und man könnte versucht sein, eine Besserung der Qualität anzunehmen. Das ist durchaus möglich, aber leider ist mir bis heute kein Update des Tests bekannt. Um meine jugendliche Tochter mit einer möglichst leichten Schaufel auszustatten, habe ich daher bei den neuen Modellen nach dem Kriterium „Wettkampftauglichkeit nach den Normen ISMF und PDG“ geschaut. Diese Schaufeln sind in alpinen Wettkämpfen gerade noch zugelassen und da sollte man doch eine gewisse Robustheit annehmen, gerade wenn es sich nur um die Zweitschaufel im Zweierteam handelt. Versuchsweise habe ich mir daher die Arva Ultra Shovel bestellt und mit auf Tour genommen. Inzwischen ist sie so nicht mehr im Programm, aber die leichten Nachfolger sehen ähnlich aus.
Meine Erfahrung mit der Arva Ultra Schaufel
Ich mache es kurz: Sie ist am zweiten Tag abgeknickt. Kaputt, ein Fall für die Tonne. Das ist nicht etwa bei betonhartem Lawinenschnee passiert (zum Glück!), sondern beim Einbuddeln von Schneeheringen in den windgepressten Schnee auf einem See. Das kleine Blatt war nicht einmal in der Lage, einen Block in Größe des Schaufelblattes aus dem Boden zu heben. Auch Kraft war nicht sonderlich viel im Spiel. Eindeutig eine Fehlanschaffung. Ich kann von solchen Spielereien bei sicherheitsrelevanten Ausrüstungsgegenständen nur abraten und von diesem Modell insbesondere! Und bevor du fragst: Selbstverständlich hatte ich keine vollwertige Lawinenschaufel erwartet, aber das hier geht einfach gar nicht:
Arva Ultra kaputt nach kurzer Benutzung
Wann ist eine Schneeschaufel robust genug?
Mangels aktueller Tests und verlässlicher Vergleiche kann ich dir nur einen eigenen Test empfehlen. Ein Rücksenden der Schaufel wäre damit beim Neukauf zwar nicht mehr möglich, aber du weißt wenigstens, ob du dich auf deine Schneeschaufel verlassen kannst: Gehe einfach zum nächstgelegenen Spielplatz und grabe dort den Sandkasten einmal 30-40 cm tief um. Wenn deine Lawinenschaufel das anstandslos mitmacht, sollte sie auch im Fjell ihren Dienst tun. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ein gewisser Herr Ousland lange mit seinem norwegischen Baumarkt-Spaten unterwegs war. 😉
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Nicht alle sind mit Schneemassen vertraut. Windgepresster Schnee, der vielleicht schon wochenlang liegt, ist viel fester als das, was du vielleicht aus dem Mittelgebirge kennst. Die meterhohe Schneedecke ist dann teilweise so fest, dass du auch ohne Ski darauf laufen kannst, ohne einzusinken. Wähle also bitte zu deiner eigenen Sicherheit das robuste Modell und spare die paar Gramm lieber an einer ungefährlichen Stelle ein. Bei mir ist als Zweitschaufel zur Telepro übrigens jetzt noch eine ebenso stabile Telepro mini dabei.
Und solltest du deine Schneeschaufel tatsächlich als Lawinenschaufel zur Kameradenrettung einsetzen wollen, dann gibt es noch einen guten und einfachen Test, den du sogar von zu Hause aus durchführen kannst: Hältst du dein Modell auch nach diesem Text hier für robust und geeignet genug, dass du mit deiner Tourbegleitung tauschen würdest? Im Ernstfall müsste sie dich damit ausbuddeln können! Wenn du hier ja sagen kannst, dann kann es losgehen.
Jetzt bist du an der Reihe. Welche Fragen hast du? Was gefällt dir an diesem Beitrag? Was möchtest du ergänzen? Lass es mich in einem Kommentar wissen.
Ich bin seit Jahrzehnten mit der Alu „DNT“ Schaufel (mit Holzstiel) unterwegs. Daran gefällt mir neben der sehr robusten Bauweise vor allem, dass sie vorn rund ist und man so nicht Gefahr läuft, das Zelt beim Ausgraben aufzuschlitzen.
Deswegen prüfe ich auch regelmäßig, ob sich in der Kante Scharten aufgetan haben und glätte diese dann.
Durch die hohle Form lässt sich auch sehr zielgenau Schnee in den Topf schaufeln.
Auch sehr gut! Gerade für die Zeltbesitzer mit Snowflaps wichtig. Und der Holzstil lässt sich sicher auch „wärmer“ anfassen mit der zweiten Hand. Aber Hauptsache robust und verlässlich.
Hallo Malte,
Ich benutze seit dem ich den Test vor einigen Jahren gelesen habe, auch nur noch die Voile Schaufeln. Die DNT Schaufel habe ich auch, aber sie ist doch recht klein und mit Ihrem kurzen Stiel weniger gut zu nutzen. Mein Standard ist ebenfalls die Telepro, ich habe aber auch eine XLM. Letztere habe ich bei kleinem Gepäck dabei.
Im kostenlosen Draußen Magazin Herbst/Winter 1990/91 gab es einen Bericht einer Familie, die in einem Schneesturm in den Alpen ein Schneebiwak für mehrere Tage bauen mußten. Fazit des Berichtes war:“Als absolut wichtigstes Ausrüstungsteil für Wintertouren haben wir die Schneeschaufel eingestuft.“ Das sagt alles.
Ich möchte noch ergänzen, das die Voile Schaufeln trotz made in USA einen sehr fairen Preis haben. Da verwundern die Preisschilder einiger Schaufeln der Mitbewerber schon…
Viele Grüße,
Günther