Beim Wort Nachhaltigkeit denkst du an den moralischen Zeigefinger? Der ist uns hoffentlich allen bewusst: Reisen und Konsum zum Vergnügen sind ein Luxus, der die Umwelt belastet. Auf Reisen zu verzichten, wäre radikal nachhaltig im Sinne des Umweltschutzes. Ganz so einfach möchte ich es mir dann aber doch nicht machen und setze voraus: „Keine Wintertour ist auch keine Lösung.“ Aber wie geht das umweltschonend? Ich habe bei mir angefangen und mich gefragt, wo ich selbst etwas nachhaltiger werden kann. Meine Gedanken teile ich in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Nachhaltigkeit auf Wintertouren?
Üblicherweise spricht man von den drei Aspekten ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Betrachtet wird dabei der gesamte Prozess von der Herstellung bis zum Lebensende des Produktes, teilweise sogar darüber hinaus. Es zählen also die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Näherinnen genauso mit in die Betrachtung von Nachhaltigkeit hinein wie der biologische Abbauprozess des Produkts.
Hier geht es mir nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern praktisches Handeln steht im Vordergrund. Außerdem lege ich den Schwerpunkt auf ökologische Faktoren. Viele der folgenden Informationen gelten für Outdoor-Produkte im Allgemeinen, aber es gibt Besonderheiten für Wintertouren. Möglicherweise decke ich noch nicht jedes Detail ab. Wenn ich etwas Wichtiges übersehen habe, bin ich für einen Hinweis dankbar.
Nachhaltigkeit der Anreise zur Wintertour
Steigen wir direkt ein: Den Großteil des CO₂-Fußabdrucks einer Wintertour macht die Anreise ins Winterfjell aus. Klar, irgendwie müssen wir ja nach Skandinavien hinkommen. Dabei gibt es einige Unterschiede zwischen den zur Auswahl stehenden Verkehrsmitteln.
Den größten CO₂-Fußabdruck verursachen Flüge in den hohen Norden. Am klimafreundlichsten wäre die Anreise mit dem Elektroauto, dafür aber auch (noch) mühsam, da du einige Ladestopps einplanen musst. Bleiben öffentliche Verkehrsmittel und ein Spritspar-PKW. Klimafreundlicher ist die Anreise mit dem öffentlichen Personenverkehr, also Bus und Bahn. Selbst wer mit mehreren Personen in einem verbrauchsarmen Auto anreist, ist ein wenig schlechter dran.
Ob du dabei mit dem Auto über die Brücken in den Norden fährst oder eine Fähre über die Ostsee nimmst, macht aus Nachhaltigkeitssicht gar nicht so viel Unterschied.
Es gibt verschiedene Emissionsrechner im Internet, mit denen ich meinen Kohlendioxidausstoß genauer berechnen kann. Ich beziehe mich hier zur Übersicht auf die Zahlen einer norwegischen Umweltinitiative für den Schulweg, weil dort (ganz norwegisch) auch die durchschnittlichen Emissionswerte für Schneemobile aufgeführt werden:
Transportmittel | kg CO₂ pro km und Passagier |
---|---|
zu Fuß | 0,000 |
Elektro PKW | 0,043 |
Dieselzug | 0,060 |
Elektrischer Zug | 0,065 |
U-/S-Bahn | 0,065 |
Bus | 0,069 |
Hybrid PKW | 0,084 |
Schneemobil | 0,094 |
Fähre | 0,115 |
Mittelklasse PKW | 0,133 |
Taxi | 0,170 |
Großer PKW | 0,183 |
Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass je nach Berechnungsart, Fahrzeugalter, Wartung, Fahrverhalten, Zwischenstopps und Form der elektrischen Energiegewinnung Abweichungen von diesen Zahlen zu erwarten sind. Die Unterschiede verdeutlichen trotzdem, wo Einsparungen möglich sind. Alle Tipps zum Weg in den Norden, unabhängig von Nachhaltigkeitsgedanken, findest du übrigens in meinen Beitrag über die Anreise zur Wintertour.
Sind Flüge automatisch die schlechteste Wahl?
Rein vom Kohlendioxid-Ausstoß muss ich auf das Fliegen verzichten, besonders auf Flüge mit Umwegen, Zwischenstopps und Umstiegen. Direktflüge sind zwar klimafreundlicher und damit nachhaltiger, aber die Umweltbelastung eines Fluges lässt sich nicht wegdiskutieren.
Doch es gibt noch mehr Faktoren: Wenn du in Flughafennähe wohnst, dann kannst du innerhalb eines Tages von der Haustür bis ins nordskandinavische Fjell gelangen. Du gewinnst damit im Vergleich zum Zug einen Tag bei der Anreise. Fairerweise solltest du bei einem solchen Zeitvergleich immer den Weg zum Flughafen samt nötigem Zeitpuffer für den Check-in und die Gepäckaufgabe mit einrechnen, der bei der Anreise mit dem Zug wegfällt. Von vielen kleineren Bahnhöfen in Skandinavien lässt es sich fast unmittelbar mit Ski starten und vom Flughafen braucht es erst noch einen Transfer.
Schätzungsweise lohnt sich ein Flug zeitlich damit erst bei mehr als 2000 km Anreise und entsprechender Nähe zum Flughafen. Ich möchte das an einem Beispiel deutlicher machen.
Anreise mit dem Zug
Wenn ich hier in Hannover morgens um 6 Uhr in den IC steige, ist dort für meine Pulka im Fahrradabteil mehr Platz als in einem ICE. In Hamburg habe ich eine Stunde Zeit, in Ruhe das Gleis zu wechseln und mir noch ein Franzbrötchen samt Kaffee zu holen. Die deutsche Antwort auf Fika sozusagen. Mittagessen gibt es dann schon am Kopenhagener Hauptbahnhof.
Pünktlich zum Abendessen erreiche ich Göteborg, als Kopfbahnhof sehr pulkafreundlich. Nachdem ich mich für die Nacht eingedeckt habe, steige ich in den Schlafwagen, der mich zum Frühstück in Östersund wieder ausspuckt. Etwas mehr als 24 Stunden sind vergangen, davon die meiste Zeit im Schlafwagen. Bis Storlien sind es jetzt noch 2 Stunden, bei der Ankunft ist es hell und am Abend steht das Zelt im Enan-Tal.
Anreise mit dem Flugzeug
Mit dem Flugzeug hätte ich zunächst das Problem, dass es keine Direktflüge von Hannover nach Stockholm gibt. Aber nehmen wir mal großzügig an, ich würde in Berlin wohnen und hätte den BER vor der Tür. Zum Flughafen würde ich mich um 5:30 Uhr aufmachen, eine Stunde wird der Weg mich kosten. Damit habe ich 2 Stunden am Flughafen für Check-in und Gepäckaufgabe. Um 8:30 Uhr startet die Maschine und landet um 10 Uhr in Arlanda. Bis ich mein Sperrgepäck bei der Gepäckausgabe erhalte, vergeht noch einmal eine halbe Stunde.
Der nächste Zug fährt leider erst um 13 Uhr und kommt um 19 Uhr in Östersund an, sodass es keinen Anschluss mehr nach Storlien gibt. Ich verbringe also eine Nacht in einer Pension. Der Zug am nächsten Morgen ist der gleiche, in dem ich auch bei der vollständigen Anreise mit Zug gesessen hätte.
Zug oder Flug – Wer gewinnt den Vergleich?
Es geht mir mit diesem Beispiel darum, dass wir alle uns bei der Anreise auch darüber Gedanken machen, wie wir reisen. Die verlockend kurze Flugzeit ist in diesem Beispiel trügerisch. Sie führt zu keiner Zeitersparnis, zudem wird deutlich mehr CO₂ ausgestoßen. Vom möglichen Stress mit der Pulka an der Gepäckaufgabe reden wir mal gar nicht erst. Ich schleppe lieber alles, als plötzlich ohne Kocher dazustehen, weil er in der Sicherheitskontrolle konfisziert wurde.
Ich weiß aber auch, dass beide Geschichten bei der Anreise nach Kiruna anders verlaufen wären. Denn zwei Nächte im Schlafwagen sind nicht jedermanns Sache. Ich finde es daher verständlich, bei entsprechender Entfernung auch einmal mit dem Flugzeug anzureisen. Nutze dann aber möglichst eine Kompensation des CO₂-Fußabdruckes über eine Klimaschutzorganisation wie Wilderness International.
Nachhaltigkeit der Ausrüstung
Neben der Anreise trägt auch unsere Ausrüstung entscheidend zum ökologischen Fußabdruck bei. Hier ist es deutlich schwieriger, konkrete Emissionswerte für einzelne Artikel zu finden. Vielmehr lassen sich generelle Handlungsempfehlungen für mehr Nachhaltigkeit geben.
Produktionsbedingungen überprüfen
Hier spielen mehrere Aspekte von Nachhaltigkeit eine Rolle. Wo wurde mein Produkt hergestellt und was kann ich über die Produktionsbedingungen erfahren? Was sagt der Hersteller dazu? Gibt es Standards, denen er sich verpflichtet hat? Viele Hersteller machen inzwischen Angaben dazu an, denen ich aber mehr oder weniger vertrauen muss. Übrigens können auch qualifizierte Fachhändler oft etwas dazu sagen. Frage einfach vor dem Kauf einmal nach, das erhöht auch den „Druck“ auf die Branche.
Innovationen im Bereich nachhaltiger Produktion kommen oft von kleinen Firmen, die interessante Konzepte entwickeln, wie die vollständig recyclebaren Ski von earlybirdskis. Zwar wurde das Projekt mangels Industriepartner und kooperierender Händler nicht umgesetzt, aber die Vermeidung aller unnötigen Umweltbelastungen ist auf jeden Fall der richtige Weg. Vielleicht entwickelt jemand ja eines Tages recyclebare Fjellski.
Lokal kaufen
Hier spielen vor allem sozialökonomische Kriterien mit hinein, denn der Outdoor-Laden deines Vertrauens soll seine Angestellten fair bezahlen können und schafft Arbeitsplätze. Ökologischer ist daran auch, wenn weniger Versand und Retouren anfallen.
Auch ein deutscher Onlinehändler kann nachhaltiger sein als ein Direktvertrieb aus der Fabrik in China. Finanziell mag der China-Versand zwar günstiger wirken, schwierig wird es dann aber bei Zoll, Widerruf, Garantiefällen oder Service. Retouren werden dann allzu oft einfach vernichtet, anstatt wieder in den Handel zu kommen.
Gebraucht kaufen
Für viele Ausrüstungsgegenstände ist es sinnvoll, sich zuerst auf dem Gebrauchtmarkt umzuschauen. Ob Skiausrüstung, Kocher oder Winterschlafsack, oft lässt sich damit nicht nur Geld sparen, sondern auch die Umwelt schonen. Denn der Herstellungsprozess ist in der Regel der umweltbelastende Teil.
Der Vorteil des Gebrauchtkaufs bei hochwertigen Produkten ist, dass du sie auch nach ein oder zwei Touren für faire Preise weiterverkaufen kannst, falls sie dir doch nicht gefallen.
Wenig oder nur das Nötigste kaufen
Noch ökologischer wäre es, grundsätzlich nur sehr wenig zu kaufen. Ich gebe zu, das fällt mir schwer, weil ich mich einfach für viele tolle Ausrüstungsgegenstände begeistern kann und sie gerne einmal ausprobieren möchte. Die Erfahrungen gebe ich dann aber hier weiter. Ich hoffe, dir mit Winterfjell die passenden Informationen dafür zu liefern, damit du vorher für dich entscheiden kannst, was du wirklich brauchst und weniger unnötiges kaufst. Ich gebe zu, das entlastet mich nicht wirklich. Es dient mehr als Alibi.
Eine Alternative kann es auch sein, sich Ausrüstung zu leihen. An dieser Stelle mache ich dich daher gerne auf meinen Pulka-Verleih aufmerksam.
Dinge lange nutzen
Auch die Outdoor-Branche lebt davon, kleine Innovationen als etwas ganz Großes, noch nie Dagewesenes zu verkaufen. Sonst kauft sich ja niemand noch einen weiteren Topf. Deshalb ist es sinnvoll, sich selbst zu fragen, ob man diese Innovation wirklich braucht oder sich für Nachhaltigkeit durch Konsumvermeidung entscheidet. Je länger du deine Ausrüstung nutzt, desto besser. Das gilt auch und vor allem für Kleidung.
Reparieren statt neu kaufen
Viele Dinge lassen sich mit wenig Aufwand wieder instand setzen. Sei es ein neuer Verschluss für die gute Thermoskanne, die gestopfte Merino-Unterwäsche oder eine neue Skistockspitze. Das ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern bereitet dich auch darauf vor, auf einer Tour mit dem Werkzeug für Wintertouren besser improvisieren zu können. Tatsächlich macht mir die Ausrüstungspflege und -optimierung zu Hause großen Spaß. Der einzige Zeitpunkt, wo sie mich manchmal nervt, ist direkt nach der Tour, wenn tonnenweise Material getrocknet, gewaschen und kontrolliert werden muss.
Nachhaltigkeit der Kleidung
Die Nachhaltigkeit von Kleidung wird besonders kontrovers diskutiert. Zum einen ist Kleidung stärker Modeerscheinungen unterworfen als ein zeitloses Pulkagestänge, zum anderen werden in Funktionstextilien viele unterschiedliche Materialien und Chemikalien eingesetzt. Es gibt zwar Labels für umweltfreundliche Produktionen, aber ich kann dir noch nicht beantworten, welche davon wirklich vertrauenswürdig sind. Nur beim Bluesign-Siegel bin ich mir selbst ziemlich sicher. Meist musst du dich intensiver mit dem Thema beschäftigen. Auf die kritischen Punkte möchte ich daher kurz eingehen:
Tierwohl bei Leder, Daune und Wolle
Eine genaue Definition von Tierwohl ist schwierig. Wann fühlt sich eine Gans so richtig wohl? Was braucht ein Schaf? Wie geht es dem Rind? Die gesellschaftliche Diskussion ist oft von Doppelmoral geprägt. Und sobald ich neben dem Tierwohl auch noch den Ölbedarf der Kunststoffproduktion berücksichtigen muss, wird es kompliziert. Ein Beispiel:
Ein guter Daunenschlafsack hält locker 10 oder 20 Jahre und seine Füllung kann fachgerecht aufbereitet werden. Die Hülle bleibt die gleiche und braucht höchstens einmal eine Wäsche oder einen Flicken. Ein Schlafsack mit Kunstfaserfüllung hält teilweise nicht mehr als 5 Jahre und kann nicht neu befüllt werden. Welches Modell ist also nachhaltiger?
Für mich ist klar, dass Daune und Wolle aufgrund ihrer Langlebigkeit und Funktionalität zu den nachhaltigen Materialien gehören. Doch wie kann ich sicherstellen, dass die Bedingungen für das Tierwohl gleichzeitig so gut wie möglich sind?
Was ist mit Nachhaltigkeit-Labels?
Die Stiftung Warentest hat 2017 verschiedene Tierwohllabels untersucht und festgestellt, dass nirgendwo vollständiges Tierwohl garantiert wird. Dennoch sind solche Labels und Standards das erste, wonach du schauen kannst und geben zumindest einen Anhaltspunkt. Für Daunen gelten der Global Traceable Down Standard und der Responsible Down Standard als verlässlich. Bei Wolle ist der Responsible Wool Standard vergleichbar, zielt aber vor allem auf das Tierwohl ab. Soziale und ökologische Kriterien wie z.B. der Wasserverbrauch der Schaffarmen werden weniger berücksichtigt.
Bei Leder ist die Situation noch komplexer. Weit verbreitet ist die Meinung, dass chromfrei gegerbtes Leder umweltschonender sei. Für die pflanzliche Gerbung wird jedoch Tropenholz benötigt, für das Regenwälder abgeholzt werden. Einen guten Einstieg in das Thema am Beispiel von Wanderstiefeln bietet der Artikel vom Alpenverein.
Mikroplastik: Fleece ist am schlimmsten
Grundsätzlich lösen sich aus allen synthetischen Kleidungsstücken kleine Fasern und können so in die Umwelt gelangen. Nach dem Winter transportiert die Schneeschmelze sie dann über Bäche ins Meer oder bis ins Trinkwasser. Auf diesem Weg werden sie oft noch weiter zerkleinert, sodass Mikroplastik entsteht. Selbst in den meisten Kläranlagen lässt sich Mikroplastik noch nicht vollständig aus dem Wasser filtern. Und Mikroplastik findet sich in Fischen sowie anderen Meerestieren und reichert sich dort im Körper an. So landet es dann nicht selten nach dem Verzehr auch in unserem Körper. Mikroplastik ist daher ein ernstes Problem, von vielen Menschen völlig unterschätzt, denn man sieht ja nichts davon.
Seit mir das Problem durch Birgit Lutz noch einmal deutlicher geworden ist, versuche ich besonders bei meiner Kleidung darauf zu achten. Dabei ist mir bewusst, dass ich bei Outdoorbekleidung für den Winter nicht vollständig auf Kunststoffe verzichten kann. Aber zum Beispiel ist mein Anorak aus Etaproof organic cotton und damit plastikfrei und PFC-frei imprägniert. Vieles andere ist aus Wolle und hält ewig.
Am schlimmsten ist sowieso Fleece-Bekleidung, da sie die bei mechanischer Belastung die meisten Fasern verliert. Fast immer gibt es dazu Alternativen. Auch wenn diese ebenfalls mit oder aus Kunststoffen hergestellt werden, dann sind zum Beispiel gestrickte Modelle bei Handschuhen oder Mützen geringere Mikroplastik-Schleudern als Fleece.
Recycelte Kleidung
Recycling-Kleidung kann trotz Kunststoffanteil interessant sein. Beim Einschmelzen und Wiederverwenden von PET-Flaschen wird nur etwa halb so viel Energie verbraucht wie bei der Herstellung aus Rohöl. Entsprechend geringer ist auch der CO₂-Ausstoß. Allerdings wird oft nur ein Teil der Kleidung aus recyceltem PE hergestellt. In der Regel sollte der Anteil an neuen und recycelten Materialien auf dem Etikett stehen.
Vorreiter beim Recycling von Polyester sind beispielsweise Marken wie Vaude und Patagonia. Bei der Wiederverwertung von Polyamid (Nylon) ist dagegen die Marke Klättermusen schon so lange dabei, dass sie dort schon auf Nachhaltigkeit gesetzt haben, als es in der Branche noch kein Trend war. Leider verhindern auch diese recycelten Fleece-Stoffe nicht die Entstehung Mikroplastik.
Waschen mit dem Guppyfriend
Wenn du unterwegs nicht ganz verhindern kannst, dass Mikroplastik in die Natur gelangt, dann kannst du es zu Hause mit einem Waschbeutel durchaus tun. Die wohl bekannteste Marke ist hier der Guppyfriend. Er verhindert, dass Mikroplastik aus deiner Waschmaschine bis in die Weltmeere gelangt. Denn die Filteranlagen der Klärwerke reichen noch nicht aus, um Kunststoffpartikel vollständig herauszufiltern. Ich habe meinen Guppyfriend inzwischen seit 2018 für Fleece im Einsatz und bin damit zufrieden.
Die angesammelten Reste aus dem Waschbeutel sind im Hausmüll weniger schädlich, sofern dieser verbrannt wird. Beim Lagern auf Deponien wäre wiederum ein Abtragen durch Wind oder Auswaschen durch Regen möglich.
Auf Fluorcarbon in der Imprägnierung verzichten
Beim Neukauf vermeide ich inzwischen mit Fluorcarbon imprägnierte oder mit polyfluorierten Chemikalien (PFC) behandelte Textilien. Selbst das Umweltbundesamt weist seit vielen Jahren auf die damit verbundene Umweltbelastung hin. Leider haben die meisten Hersteller erst spät reagiert, manche tun sich bis heute schwer. Viele Marken bieten wenigstens einzelne Produkte mit Labels wie „DWR Fluorcarbon Free“ an. Die ganz großen Marken sind dabei, ihr gesamtes Sortiment auf Fluorcarbonfreiheit umzustellen, die kleineren Marken waren teilweise schneller und sind schon einen Schritt weiter.
In meinem Ausrüstungsschrank gibt es Teile, die mit Sicherheit durch PFC belastet sind. Meine Gore-Tex pro shell Jacke gehört dazu. Ich habe mich entschieden, sie so lange wie möglich zu nutzen, anstatt neu zu konsumieren. Denn sie funktioniert noch einwandfrei und ist somit ein gutes Beispiel für Nachhaltigkeit durch lange Nutzungsdauer. Auf den letzten Touren brauchte ich häufiger eine wasserdichte Tourenjacke statt meines Etaproof-Anoraks.
Sobald ich meine Ausrüstung neu imprägnieren muss, verwende ich nur PFC-freie Imprägnierung. Hier kann ich die beiden bekanntesten Anbieter Nikwax und Fibertec gleichermaßen empfehlen. PFC-frei imprägnierte Stoffe müssen übrigens etwas häufiger imprägniert werden.
Nachhaltigkeit beim Skifahren
Nachdem ich mich nun mit Mikroplastik und Fluorcarbon beschäftigt habe, gibt es leider auch zwei Dinge beim Skifahren, die einen Blick benötigen: Skifelle und Skiwachse.
Denn bei den Skifellen gibt es Modelle aus Mohair von der Angoraziege, Modelle aus Kunstfell und Modelle mit einem Materialmix aus beidem. Auch hier gibt es also neben den unterschiedlichen Eigenschaften eine Nachhaltigkeitserwägung zwischen Tierwohl und Mikroplastik.
Bei den Skiwachsen enthielten fast alle bis 2022 verfügbaren Wachse Fluorcarbon. Dieses wird durch die mechanische Beanspruchung beim Fahren an die Umwelt abgegeben, wo es nicht abgebaut werden kann. Inzwischen werden zwar PFC-freie Alternativen angeboten, das Problem ist aber noch nicht vollständig gelöst. Warum du alte Vorräte mit Fluor im Wachs nun besser fachgerecht entsorgst und wie du deine Ski richtig wachst, erfährst du detailliert im Beitrag Fjellski wachsen leicht gemacht.
Winterausrüstung online kaufen
Anzeige
Müll unterwegs
Nein, damit meine ich nicht den Müll in der freien Natur. Wer so etwas tut, dem wünsche ich böse Dinge an den Hals. Mögen dir die Ärmel beim Händewaschen immer herunterrutschen, möge deine Bahn immer gerade abgefahren sein und dir dein Karma auch sonst noch eine Menge in Rechnung stellen!
Ich wundere mich aber auch immer über die Massen an leeren Outdoor-Tütengerichten, die in den Mülleimern an den Hütten liegen. Selbst bei den Hütten mit Proviantverkauf landet mehr Müll, als durch die dort verkauften Produkte anfallen kann. Wisst ihr, was die Hüttenwirte damit machen müssen? In vielen Fällen wird er einfach verbrannt, weil keine Müllabfuhr kommt.
Fairerweise muss ich erwähnen, dass die Versorgung der Hütten im Winter mit Schneemobil etwas einfacher ist. Aber Müllentsorgung ist nicht kostenlos. Ich denke mir dann immer, dass es jemand offensichtlich geschafft hat, sein verpacktes Essen bis zur Hütte zu schleppen. Warum kann man dann nicht auch die paar Gramm Verpackung wieder aus dem Fjell mitnehmen?
Wem das zu viel ist, hier meine drei Regeln:
- Der Müll in der Mülltonne einer Hütte ist besser als der Müll in der Natur.
- Wer den Müll in der Mülltonne der Hütte lässt, sollte wenigstens im Tourismusverband sein.
- Den Müll wieder mitzunehmen, ist IMMER besser als ihn auf der Hütte zu lassen.
Weitere Gedanken wie zum Beispiel „Tütengerichte vs. selbst kochen“ findest du in meinem Beitrag über Proviant auf Wintertouren.
Leave no trace auf Wintertouren
An dieser Stelle möchte ich auf die Bewegung „Leave no trace“ (Hinterlasse keine Spuren) hinweisen. Sie stammt ursprünglich aus den USA und sieht sich als eine Ethik, die sich auch auf Wintertouren mit Ski und Pulka anwenden lässt.
Ziel ist es, dass du alle Aktivitäten so durchführst, dass sie keine dauerhaften Spuren hinterlassen. Dazu gehört die richtige Entsorgung von Abfall, das Vermeiden von unnötigen Lagerfeuern und der Respekt von Wildtieren und Pflanzen.
Begegnung mit Rentieren oder anderen Tieren
Wenn du auf einer Reise Rentieren oder anderen Tieren begegnest, solltest du dir immer darüber im Klaren sein, dass du gerade ein Gast in ihrem Gebiet bist. Außerdem leben die Samen von der Rentierzucht und der Winter ist für die Tiere oft hart genug. In immer mehr Gebieten (Rondane, Jämtland, Hardangervidda) werden Schutzmaßnahmen wie Hüttenschließungen, kürzere Öffnungszeiten der Hütten oder Verlegungen von Wegen umgesetzt oder ernsthaft diskutiert. Die Maßnahmen greifen meist innerhalb weniger Monate. Nur so scheinen sich die Rentierherden vor den Tourismusströmen schützen zu lassen.
Halte also großen Abstand, scheuche die Tiere nicht auf und warte ab, bis sie in Ruhe weiterziehen. Ein paar Fotos aus der Entfernung sind natürlich möglich, aber Drohnenflüge bedeuten für die Tiere ebenfalls schnell Stress.
Die innere Einstellung zu Nachhaltigkeit
Einmal ist keinmal. Ja, auch ich habe so etwas schon gedacht. Vorzugsweise beim großen Geschäft im arschkalten (wortwörtlich!) Schneetreiben. Da war die nächste windgeschützte Stelle gerade recht und auch das Toilettenpapier wurde nicht angezündet oder extra entsorgt. Ich kann nur hoffen, dass die Wassermassen der Schneeschmelze den Ort sauberer hinterlassen haben als ich. Wenigstens war es chlorfrei gebleichtes Papier mit Umweltengel.
Und vielleicht sind solche Ausnahmen sogar verzeihlich, wenn sie absolute Ausnahmen bleiben. Aber wir dürfen nicht darauf hereinfallen, dass es wirklich nur ein einziges Mal passiert, wenn wir es selbst einmal machen. Erstens kann es zur Gewohnheit werden und zweitens sind wir nun wirklich nicht allein da draußen, auch wenn es manchmal anders wirkt. Der Nächste verschüttet nur einmal etwas Brennstoff, der Nächste nutzt nur einmal etwas Lebendholz für ein kleines Feuer, der Nächste nur einmal …
Ich versuche mir dann immer bewusst zu machen, dass ich Gast in dieser Landschaft bin und dankbar dafür wäre, diese Natur noch möglichst lange so erleben zu können. Zumindest hilft es mir, selbstkritisch zu sein.
Kritik auch an den anderen?
Ich kenne nur wenige Hobbys, die die Umwelt nicht zusätzlich belasten. Vergleiche nutzen mir hier nicht so viel. Vielleicht wäre Mountainbiken im Harz viel ökologischer, aber das ist nun einmal nicht mein Ding. Den vollständigen Verzicht auf Wintertouren schließe ich für mich aus. Im globalen Kontext ein unglaubliches Luxusproblem.
Ich möchte mich daher nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und über andere urteilen. Nur bei Umweltverschmutzung hört mein Verständnis auf! Und manchmal auch bei knatternden Spaßfahrten mit dem Schneemobil durch das Winterfjell.
Was ich von anderen erwarte, ist die Bereitschaft, sich selbst auf den Aspekt der Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Solltest du Hinweise oder Diskussionsbedarf zu einzelnen Punkten haben, teile mir gerne deine Sichtweise mit. Ich freue mich, davon zu lernen.
Jetzt bist du an der Reihe. Welche Fragen hast du? Was gefällt dir an diesem Beitrag? Was möchtest du ergänzen? Lass es mich in einem Kommentar wissen.
Ein super Beitrag über ein wichtiges Thema! Das ist ein sehr ausgewogener Artikel mit vielen hilfreichen Tipps.
Zum Thema PFC habe ich mal etwas ausführlicher recherchiert und meine Erkenntnisse hier aufgeschrieben: https://www.camp4.de/blog/produkte/schadstoffe-in-outdoorbekleidung-pfc/
Das ist bestimmt auch für die Leser*innen von Winterfjell interessant.
Ansonsten: Mach bitte weiter so, ich lese deinen Blog sehr gerne!
Viele Grüße
Melanie
Herzlichen Dank, Melanie!
Zum einen für das Lob und zum anderen für den Link mit der Übersicht der Jacken bei euch. Das hilft bestimmt einigen.
Viele Grüße nach Berlin