Navigation im Winter und bei Whiteout

Bei der Navigation im Winter läuft einiges anders als im Sommer, selbst auf viel begangenen Wegen. Die farbigen Markierungen an Steinen sind in der Regel vom Schnee bedeckt. Deswegen markieren die Tourismusverbände die Winterwege mit roten Holzkreuzen, Birkenreisig oder Bambusstäben. Selbst das geschieht teilweise nur um die besucherstarken Osterfeiertage. Du solltest dich daher im Gelände immer ohne diese Orientierungshilfen selbstständig zurechtfinden können. Statt auf dein Smartphone setzt du dabei ganz klassisch auf Karte und Kompass.

Inhaltsverzeichnis

Karte und Kompass? Warum kein GPS?

Ich möchte nicht als Kulturpessimist verstanden werden, früher war nicht alles besser. Aber es ist nun einmal so: Auch ein hochwertiges GPS ist batteriebetrieben und hat ein Display. Dadurch ist es insbesondere bei Kälte empfindlicher als Karte und Kompass. Im Notfall bist du schnell auf solche traditionellen Navigationsmittel angewiesen und solltest sie daher gut beherrschen. Mit etwas Übung ist das auch nicht schwer. Und wer mit Karte und Kompass umgehen kann, soll dann auch unbedingt ein GPS mit auf Tour nehmen. Die regelmäßige Positionsbestimmung ist damit schließlich deutlich bequemer. Und Redundanz ist sowieso die beste Lösung!

Persönlicher Hinweis: Das Wissen über gute Navigation fällt leider niemandem in den Schoß und erfordert etwas Nachdenken und Übung. Nimm dir also Zeit für das Thema und lese in für dich passenden Häppchen.

Worauf es bei Karten ankommt

Grundsätzlich eignen sich nur echte topografische Karten und keine Straßenkarten, da letztere das Gelände nicht ausreichend darstellen. Auf topografischen Karten sind dagegen Höhenlinien eingezeichnet, damit Berge und Täler gut erkennbar sind. Nur so lässt sich abschätzen, ob die Hangneigung einer unbekannten Region begehbar ist oder nicht. Viele Karten setzen zusätzlich auf eine Schraffierung oder Schummerung zur Reliefdarstellung. Bei der Schummerung wird der Schatten der Berge durch eine imaginäre Sonne angedeutet, wodurch diese Karten besonders plastisch wirken.

Der Maßstab einer guten Karte für die Navigation im Winter liegt zwischen 1:50.000 und 1:100.000. Karten mit größeren Maßstäben (1:25.000) sind oft unpraktisch, weil du schnell ein Kartenblatt am Tag durchlaufen kannst. Ein Kilometer in der Natur entspricht bereits vier Zentimetern auf der Karte. Andersherum verhält es sich mit kleineren Maßstäben. Während 1:100.000 für die einigermaßen überschaubare Hochebene noch praktikabel ist, ist spätestens bei kleineren Maßstäben nicht mehr ausreichend zu erkennen, wo vielleicht ein steiler Abhang wartet. Auch die Lawinengefahr steiler Hänge kannst du so besser einschätzen.

Die ideale Karte für das Gebirge hat den Maßstab 1:50.000, in überschaubaren Regionen reicht 1:100.000 aus.

Hilfreiche Informationen auf Karten finden sich oft in der Legende

  • Hütten (sind diese bewirtschaftet oder nicht?)
  • markierte Winterrouten (Das typisch norwegische Birkenreisig wird oft nur um Ostern gesteckt, die schwedischen Holzkreuze stehen auf festem Grund meist dauerhaft)
  • Wasserkraftanlagen, da dort das Eis der Seen brüchig kein kann
  • Nottelefone
  • teilweise Bus-/Bahnhaltestellen für den Ausstieg aus der Tour (Ob auch ein Bus fährt sollte bereits vor der Tour recherchiert werden!)

Für die Touren in neue Regionen kopiere ich mir meine Karte farbig eins zu eins, trage das UTM-Gitter nach und laminiere die Blätter ein. Meist reichen dafür 2-4 Blätter für die geplante Route. Die Karte kommt dann sicher in das Gepäck, die Kopien in eine Kartentasche, die ich mir umhänge. So habe ich immer alles griffbereit.

Übrigens sind die samischen Ortsnamen häufig sprechende Namen und sagen viel über die Beschaffenheit des Geländes aus. Auch das kann bei der Orientierung helfen.

Papierkarten nur GPS-tauglich kaufen

Damit eine Papierkarte gemeinsam mit dem GPS verwendet werden kann, muss sie darauf mit einem UTM-Gitter vorbereitet sein. Das UTM-Gitter unterteilt die Erde in 60 Meridianstreifen mit einer Ausdehnung von je 6 Längengraden. Diese sind von der Datumsgrenze in 180° östlicher Richtung beginnend durchnummeriert. Gleichzeitig erfolgt eine Einteilung in 20 Breitenbänder zwischen dem 84° Breitengrad Nord und dem 80° Breitengrad Süd. Sie werden von Süden nach Norden verlaufend mit Buchstaben benannt. Diese nun also mit Zahl und Buchstaben versehenen Felder erlauben eine erste Orientierung, wo auf dem Planeten wir uns überhaupt befinden. Deutschland liegt beispielsweise im Zonenfeld 32U.

Positionsbestimmung im UTM-Gitter

Warum ist das UTM-Gitter so wichtig? Weil es mit diesem geodätischen Gitter deutlich leichter ist, Koordinaten zu berechnen und zu übertragen. Geografische Maßstäbe mit Stunden, Minuten und Sekunden sind dafür nicht praktikabel. Im UTM-Gitter wird die Position zunächst mit dem Zonenfeld benannt. Dieses Zonenfeld wird mittig vom Hauptmeridian geschnitten, der einen Vorgabewert von 500 km hat, um negative Vorzeichen bei der Ortsbestimmung zu vermeiden. Ausgehend von diesem Meridian wird nun der Ostwert (oder Rechtswert) in Kilometern bzw. Metern bestimmt. Der dazugehörige Nordwert (oder Hochwert) gibt den Abstand zum Äquator in Kilometern bzw. Metern an.

Landkarte der Hardangervidda im Maßstab 1:100.000 mit UTM-Gitter (Foto: Malte Hübner)
Landkarte der Hardangervidda im Maßstab 1:100.000 mit UTM-Gitter

Ein schöner Start- oder Zielpunkt für Wintertouren liegt im Zonenfeld 32V

Sein Ostwert beträgt 418109 m und damit kleiner als der Vorgabewert des Hauptmeridians von 500 km (500.000 m). Der Punkt liegt also westlich davon, genau genommen 81891 Meter westlich davon (500.000 – 81.891 = 418.109).

Sein Nordwert lautet 6719347 m, da er 6719,3 km nördlich des Äquators liegt. Damit ist der genaue Punkt bestimmt. In diesem Fall handelt es sich übrigens um den Bahnhof Finse in der Hardangervidda. Als ein Wert formuliert liegt dieser Ort genau bei 32V 418109 6719347.

Das klingt für dich kompliziert? In der Theorie mag das stimmen, aber in der Praxis wird es dir schnell einleuchten. Nimm dir einmal eine Karte mit UTM-Gitter und den dazugehörigen Werten am Rand. Stelle dein GPS richtig ein und trage von der Karte Punkte anhand der UTM-Koordinaten ein.

Einfacher Planzeiger zum Übertragen von GPS-Koordinaten auf die Landkarte und umgekehrt (Foto: Malte Hübner)
Einfacher Planzeiger zum Übertragen von GPS-Koordinaten auf die Landkarte und umgekehrt

Übertragen der GPS-Position auf die Karte und umgekehrt

Für das Übertragen des Wertes muss das UTM-Gitter auf der Karte eingezeichnet und das GPS auf dieses geodätische Gitter eingestellt sein, da es sonst zu erheblichen Abweichungen kommt. In der Regel ist das Kartenbezugssystem dafür WGS 84 und muss immer identisch eingestellt sein. Das schwedische Kartenbezugssystem SWEREF 99 TM ist zum Glück weitestgehend identisch mit WGS 84. Wenn die Linien des UTM-Gitters auf der Karte nicht durchgängig gezeichnet, sondern nur am Rand angegeben sind, solltest du diese auf jeden Fall nachtragen. Mithilfe eines Planzeigers oder deiner Kompassplatte (Achtung! Beachte immer den richtigen Kartenmaßstab.) kann nun der Wert abgelesen und übertragen werden. Einen einfachen Planzeiger wie auf dem Foto kannst du dir auch selbst auf stabile Folie drucken. Für die typischen Maßstäbe stelle ich dir hier vier Dateien zum Download bereit:

Drucke sie möglichst mit einem Laserdrucker auf geeignete Folie aus dem Bürobedarf. Achte darauf, dass dein PDF-Programm die Größe nicht an das Papier anpasst oder den Maßstab anders beeinflusst. Im Zweifel kannst du nach dem Druck kurz nachmessen, ob die Maße stimmen.

Mit diesem einfachen, aber sehr funktionalen Planzeiger solltest du einfach ein paar Tage lang bei jeder Wanderung üben, bis es sitzt. Leider halten sie nicht ewig und sind bei Wind auch leicht zu verlieren.

Ein Bleistift zum Einzeichnen

Nicht nur zum Üben kann sich ein Bleistift lohnen, mit dem du Kurse, Positionen oder sonstige Hinweise in deine Karten einträgst. Der Bleistift hat dabei gleich zwei Vorteile gegenüber einem Kugelschreiber: Er lässt sich vorsichtig ausradieren und er friert bei sehr niedrigen Temperaturen nicht ein.

Koordinaten der skandinavischen Hütten als gpx-Datei

Als kleinen Service biete ich dir eine Übersicht über alle norwegischen und schwedischen Hütten als gpx-Datei (zip) zum Download an. Die norwegischen Hütten des Statskog und die schwedischen Herbergen der Kategorie „Vandrarhem“ sind noch nicht flächendeckend enthalten. Die ursprüngliche Datei stammt nicht von mir, aber ich konnte keine Quelle ausmachen. Inzwischen habe ich sie mehrfach editiert.

Updates:
September 2023 (Gåsen Stugorna entfernt, da diese ab Anfang 2024 geschlossen ist)

Januar 2023 (Almdalens Fjällgård und Sarveshytta ergänzt, Vålåstugan korrigiert, STF Fjällstuga und Fjällstation aktuell)
Dezember 2020 (Unna Räita ergänzt)
November 2020 (Tuottar Koordinaten korrigiert)

Achtung! Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit der Daten. Recherchiere bitte auch immer die Öffnungszeiten der einzelnen Hütten, denn diese können stark voneinander abweichen.

Worauf solltest du bei einem GPS-Gerät achten?

Zunächst solltest du wie beschrieben darauf achten, dich ohne Outdoor-GPS orientieren zu können. Auch der Glaube, dass ein GPS genau genug sei, um im Schneesturm sicher die Hütte zu finden, bleibt leider ein Wunschdenken. In einer solchen Situation helfen zwar ebenfalls keine Karte und kein Kompass mehr, aber die vermeintliche Sicherheit eines GPS verleitet schnell dazu, weiterzugehen, anstatt sich mit dem Windsack einzugraben. Eine umfassende und sehr kritische Diskussion findet sich bei den Outdoorseiten unter Orientierung im Schneesturm.

Dennoch hilft ein Navigationsgerät unterwegs zur Orientierung und z. B. Einschätzung der Reststrecke enorm. Deswegen habe auch ich gerne ein solches Gerät dabei. Ich nutze auf Wintertouren ein Garmin gpsmap 66s und als Backup ein Garmin etrex 32x bei einem Teampartner. Die entscheidenden Vorteile für mich sind:

  • gutes Display, weil es sich auch ohne Hintergrundbeleuchtung noch gut ablesen lässt.
  • lange Laufzeit: Mit zwei AA-Lithium-Batterien komme ich bei Trackaufzeichnung zuverlässig 2 Tage weit, mit dem etrex 32x sogar noch weiter.
  • handschuhtauglich: Ohne Touchdisplay und stattdessen mit kleinem Joystick/Steuerplatte kann ich diese Geräte mit zwei Lagen Fausthandschuhen noch gut bedienen. Modelle mit Touchdisplay fallen raus.
  • Handy-Schnittstelle: Mit Bluetooth oder einem Adapter kommunizieren die Geräte mit meiner Locus pro App (die „classic“ App hat noch Einmalzahlung, das neue Premiummodell ist ein Abo) auf dem Smartphone, womit ich z. B. auf einer Hütte sehr komfortabel planen und Tracks anlegen kann.
  • Ich beherrsche das Menü inzwischen, was leider bei allen Geräten wenig intuitiv ist.

Mit Sicherheit bieten auch die neuen Garmin Modelle mit integriertem Notsender ausreichend Wintertauglichkeit. Allerdings möchte ich diese Funktionen getrennt wissen, um die Ausfallsicherheit zu erhöhen. Überdies stört mich der interne Akku sehr. Wer ein günstigeres Gerät ohne Notsender sucht, dem empfehle ich einen Blick auf die 64er Modelle von Garmin.

Bei schlechter Sicht gleiche ich mit dem GPS ab (Foto: Lutz Grünke)
Bei schlechter Sicht gleiche ich mit dem GPS ab

GPS Grundfunktionen

Viele GPS-Geräte sind kleine Hightech-Spielzeuge, von deren Funktionen wir auf Tour nur wenig benötigen. Um das Thema nicht ausufern zu lassen, zähle ich die nötigen Grundfunktionen nur kurz auf und verweise für Details auf Seiten wie wegeundpunkte.de unter „GPS Wissen“.

  • Position ablesen: Einschalten, auf Signal warten, Position mit Karte abgleichen – eine Handlung, die im Blindflug funktionieren sollte.
  • Trackfunktion: Diese Funktion besteht aus zwei Teilen. Die erste Funktion ist die Vorbereitung eines Tracks, dem du dann folgen kannst. Hast du zum Beispiel eine Tour gefunden, die du nachgehen willst, kannst du sie so einfach nutzen. Verlasse dich dabei bitte nie ausschließlich auf das GPS und beherrsche die Streckenführung auch ohne elektronisches Gerät. Die zweite Funktion ist die Trackaufzeichnung. So kannst du deinen Weg mitschneiden und anschließend zu Hause teilen oder auswerten. Ich bin leider schlecht darin, morgens diese Funktion zu aktivieren.
  • Navigation zu einem Wegpunkt: Wie weit ist es bis zum nächsten Wegpunkt? Stimmt die Richtung? Egal ob der Wegpunkt nur ein Zwischenziel oder das Ende deiner Etappe ist, können das nützliche Informationen sein. Es ist in jedem Fall sinnvoll, die wichtigsten Wegpunkte wie Hütten vor der Tour einzutragen.
  • Abspeichern eines Wegpunktes: „Erinnerst du dich an diese eine Stelle, wo das Zelt perfekt hinter einem Stein geschützt stand und wir diesen tollen Blick über den See hatten?“ Ja, und das GPS speichert dir die exakte Position.
  • Sicherheit durch Plan B: Du hast die Möglichkeit zum Vorhalten von Tracks zum Ausstieg aus der Tour oder Varianten einzelner Abschnitte.

Wie dir vielleicht auffällt, braucht es für all diese Funktionen noch keine Landkarte auf dem Gerät. Das ist richtig. Dennoch erleichtert eine installierte Karte die Orientierung ungemein! Geeignete Karten empfehle ich dir weiter unten.

Tatsächlich gibt es nur eine Funktion, die an allen bisher von mir getesteten GPS-Empfängern unzuverlässig war: der Kompass. Zwar stimmt das „Heading“ des Kurses, solange ich in Bewegung bin, aber spätestens im Stillstand hat diese Funktion immer wieder Probleme bereitet. Es geht also nichts über einen klassischen Kompass zur Orientierung.

Was macht einen guten Kompass aus?

Die Anschaffung eines guten Wanderkompasses ist in der Regel eine langfristige Investition. Es gibt einige bekannte Marken wie Silva und Suunto oder Recta. Wichtige Eigenschaften eines Kompasses sind:

  • Lange Anlegekante, davon mindestens eine Kante mit mm-Skala
  • Transparente Kompassplatte, möglichst mit zu deiner Karte passendem Planzeiger
  • Deutliche Nordlinien, Nordmarke und Magnetnadel
  • Ölgelagerte Nadel
  • einstellbare Missweisung
  • drehbare Kompassrose, handschuhtauglich
  • Einheiten in Grad
  • Spiegel (schon oft zu anderen Dingen wie zum Rasieren missbraucht)
Ein guter Kompass sollte dein steter Begleiter sein (Foto: Malte Hübner)
Ein guter Kompass sollte dein steter Begleiter sein

Kompass und sein Aufbau

Den grundlegenden Aufbau deines Kompasses solltest du dir angeschaut haben, bevor du hier tiefer einsteigst. Für das Verständnis eines Kompasses ist es anschließend interessant, sich ein wenig mit einem Magnetfeld zu beschäftigen. Der Kompass kann durch folgende drei Kräfte abgelenkt werden:

  • Inklination
  • Deviation
  • Deklination

Die Inklination stellt die vertikale Ablenkung in Richtung Erdkern dar. Diese wird mit einem kleinen Gegengewicht an der Magnetnadel ausgeglichen.

Die Deviation ist die Ablenkung durch Magnete, Metallteile oder elektromagnetische Felder. Du solltest daher bei der Navigation darauf achten, z. B. dein GPS, schwere Karabiner oder deine Armbanduhr nicht zu dicht an den Kompass zu halten.

Die Deklination ist die Abweichung des magnetischen Nord- bzw. Südpols vom geografischen Pol. Dieser Wert ist in guten Karten eingetragen und beschreibt den Winkel zwischen Meridianlinien und magnetischem Nord. In den Wintertourregionen innerhalb Europas ist die Deklination jedoch gerade so gering, dass sie vernachlässigt werden kann.

Missweisungskorrektur

Die Abweichung des magnetischen Nordpols vom geografischen Gitter aus der Karte kann bei guten Kompassen mit einer Missweisungskorrektur berichtigt werden. Dafür befindet sich in den meisten Fällen eine kleine Einstellschraube am Boden der Kompassrose.

Eine „Missweisung“ durch ein anderes Magnetfeld kann auch durch GPS, Notsender, Smartwatch, Smartphone oder Metallkarabiner am Pulkagurt geschehen. Halte den Kompass unbedingt in genug Abstand.

Grundfunktionen eines Kompasses

Der Kompass dient für zwei Dinge:

  1. Groborientierung
  2. Feinorientierung

Die Groborientierung liefert dir zum Beispiel Gewissheit, dass du noch auf dem richtigen Kurs bist. Verläuft dein Weg ungefähr 190° Richtung Süden, hilft ein gelegentlicher Blick auf den Kompass, um zu sehen, dass du noch in die richtige Richtung läufst.

Für die Feinorientierung braucht es zwar etwas mehr, aber keine Sorge, viel umrechnen musst du nicht. Die wesentlichen zwei Funktionen sind die Kursbestimmung und die Standortbestimmung.

Kursbestimmung mit dem Kompass

Ich möchte hier nur kurz die wichtigsten Funktionen des Kompasses erwähnen und werde es bei einer Übersicht belassen. Ein Kompass bietet für fortgeschrittene Anwendungen noch sehr viel mehr Möglichkeiten. Mir haben die Basiskenntnisse aus meiner Schulzeit immer gereicht. Für das „kleine Kompassdiplom“ gibt es den folgenden erstklassigen Videokurs zur Navigation mit Karte und Kompass von Kai „Sacki“ Sackmann.

Mit Abspielen des Videos stimmst du der Datenübermittlung an Youtube zu. (Info)

Du weißt, wo du bist und wohin du willst? Dann kannst du dir den Zielpunkt (oder ein Zwischenziel) aus der Karte ablesen und mit dem Kompass die Peilung aufnehmen. Dadurch erhältst du die Gradzahl, in welche Richtung du gehen musst.

Einnorden der Karte

Als Erstes solltest du dir einen Überblick über dein Gebiet verschaffen und dafür die Karte einnorden. Das ist relativ einfach. Drehe die Kompassrose mit 0° auf die Nordmarkierung und lege die Anlegekante des Kompasses an den Rand deiner Karte oder die Nordlinien an. Drehe dich nun mit der Karte so lange, bis die Magnetnadel mit der Nordspitze direkt auf die Nordmarkierung zeigt. Karte, Kompass und dein Blick sind dadurch genau nach Norden ausgerichtet.

Bestimmung deines Kurses

Voraussetzung ist, dass du deinen genauen Standort kennst. Die Karte muss dafür jedoch nicht eingenordet sein.

Wähle dir als Erstes auf der Karte einen Zielort in nicht zu großer Entfernung von ein oder zwei Kilometern. Es ist besser, öfter neue Zwischenziele anzupeilen, weil es zu weniger Kursabweichungen führt. Lege nun die Anlegekante des Kompasses an deinen Standort und drehe die Kompassplatte mit dem Richtungspfeil so lange, bis die Anlegekante deinen Standort mit dem Zielort in einer Linie verbindet. Der Richtungspfeil muss dabei immer in Richtung des Zielortes zeigen!

Während du mit einer Hand den Kompass auf der Karte fixierst, drehst du mit der anderen Hand die Kompassrose so lange, bis die Nordlinien der Rose parallel zu den Nordlinien der Karte verlaufen. Wohin die Magnetnadel zeigt, ist hier noch unerheblich. Du hast nun auf dem Kompass deinen Kurs bzw. die Marschzahl eingestellt. Deine Marschzahl ist der Winkel zwischen den Nordlinien der Kompassrose und dem Richtungspfeil.

Von Finse aus mit Marschzahl 167 Grad grob in Richtung Süden (Foto: Malte Hübner)
Von Finse aus mit Marschzahl 167 Grad grob in Richtung Süden

Kurs in die Landschaft übertragen

Halte den Kompass waagerecht vor dir und drehe dich mit dem Kompass so lange, bis die Magnetnadel mit ihrer Nordspitze direkt auf der Nordmarke liegt. Der Richtungspfeil auf der Kompassplatte zeigt nun exakt in die Richtung deines Kurses. Achte darauf, die Kompassrose nicht versehentlich zu verstellen oder notiere dir deine Marschzahl. Um den Kurs beim Gehen zu halten, solltest du dir eine markante Stelle in der Landschaft suchen, die möglichst genau dem Kurs entspricht. Diese Stelle ist dein Zwischenziel. Dort angekommen, kannst du den Kurs neu bestimmen und ein neues Zwischenziel anpeilen.

Das Gleiche funktioniert bei schlechtem Wetter auch mit markanten Linien in der Landschaft. Suche dir aus der Karte z. B. eine Hügelkette, einen langen See, eine Straße oder eine Bahnstrecke. Nun navigierst du in die Richtung dieser Auffanglinie und kannst dich dann dort wieder neu orientieren. Gerade bei Verlust der Orientierung kann das eine gute Möglichkeit sein, weiterzukommen.

Wenn du gar keine Sicht hast, bleibt dir nur, ständig auf den Kompass zu achten, um deinen Kurs möglichst genau zu halten. Es gibt für mich wenig Nervigeres auf Tour als das.

Standortbestimmung mit dem Kompass

Die Positionsbestimmung im Fjell ist sehr stark von guter Sicht abhängig. Ohne Sicht ist es fast unmöglich, Zielpunkte zum Anpeilen ausfindig zu machen. Manchmal hilft ein Standortwechsel auf einen Hügel. Aber dafür musst du ebenfalls noch etwas sehen können oder ungefähr wissen, wo du bist.

Wenn du deinen genauen Standort nicht kennst, kannst du nur versuchen, ihn mit dem Kompass zu bestimmen. Für die Standortbestimmung braucht es immer zwei sich kreuzende Linien als Referenz. Bei der Peilung mit einer Kartenstandlinie kennst du eine der beiden Linien schon (eine Straße, auf die du getroffen bist, oder ein Berg, See usw.) und peilst einen zweiten markanten Punkt an (Hütte, Gipfel usw.).

Sobald der Richtungspfeil deiner Kompassplatte auf den Punkt zeigt, drehst du an der Kompassrose bis die Nordspitze der Magnetnadel exakt auf die Nordmarke zeigt. Nun legst du den Kompass auf die Karte und musst die Nordlinien des Kompasses parallel zu den Nordlinien der Karte ausrichten. Schiebe den Kompass so lange hin und her, bis die Anlegekante direkt an den markanten Ort reicht. Dein Standort ist der Punkt, an dem sich deine Kartenlinie mit der Anlegekante schneidet.

Bei der Kreuzpeilung benötigen wir zwei markante Punkte in der Landschaft. Diese müssen klar aus der Karte erkennbar sein, was im Winterfjell gar nicht so leicht ist. Im Prinzip verfährst du wie oben. Allerdings musst du dir die Kartenlinie durch eine erste Peilung in die Karte einzeichnen. Die zweite Peilung zum zweiten Punkt ergibt dann den Schnittpunkt zweier Geraden und damit ebenfalls den Standort.

Die Peilung mit der Geraden aus zurückgelegtem Kurs als erste Linie ist ebenfalls möglich, aber eher unsicher. Oft weichen wir unbemerkt doch etwas vom Kurs ab, alleine schon, weil die Landschaft es erfordert.

Die Missweisung ist zumindest in Europa so gering, dass sie vernachlässigbar (unter 5°) ist. Daher gehe ich hier nicht weiter darauf ein. Solltest du jedoch in anderen Regionen unterwegs sein, solltest du dem Thema mehr Beachtung schenken.

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Woher bekomme ich gute Karten?

Meine Papierkarten beziehe ich in der Regel über die Geobuchhandlung Kiel. Dort gibt es nicht nur die größte Auswahl, mir gefällt auch die Suche über die digitale Karte sehr gut. So brauche ich nur auf die Region meiner Tour klicken und bekomme sofort alle verfügbaren Karten dazu angezeigt.

Die Grundlagen der Papierkarten für Schweden und Norwegen liefern die lokalen Kartendienste. In Schweden bietet Landmäteriet diese online an. In Norwegen findest du die Karten des Kartverket auf Norgeskart. Du kannst dir dort PDFs im richtigen Maßstab erstellen lassen und hast so eine sehr gute Planungsgrundlage. Leider fehlen UTM-Gitter und weitere Kartenelemente zum vollwertigen Ersatz der Papierkarte.

Bei den digitalen Karten für mein Navigationsgerät greife ich in der Regel auf OSM-Karten (OpenStreetMaps) zurück. Bei der Auswahl der Grundkarte kannst du etwas probieren, bis du eine Karte findest, die dir gefällt. Du findest unter dem Link auch weitere Hinweise zur Installation auf deinem Gerät.

Speziell für den Winter aufbereitetes Kartenmaterial gibt es bei Frikart.no, sogar in verschiedenen Designs. Alternativ nutze ich auch gerne diese OpenTopoMap. Bei der Vorbereitung meiner Tour nutze ich noch zwei weitere Quellen. Die erste dafür ist die OpenSnowMap, wo die norwegischen gesteckten Routen eingetragen sind. Die Routen werden zwar nicht immer exakt gleich gesteckt, aber eine bessere Quelle kenne ich nicht. Meinen Track für das Navi baue ich dann gerne grob anhand der Open Snow Map nach.

Die norwegischen Routen werden auch vom DNT veröffentlicht. Das Stichwort dafür ist die „Wintermarkierung“. Eine exakte Navigation im Winter ist nach diesen Karten leider nicht möglich. Stattdessen bieten sie aber wichtige Hinweise auf die Kalenderdaten der Markierung, die Art der Hütten und die Abstände der Abschnitte.

In Schweden ist mir keine vergleichbare Quelle bekannt. In den Papierkarten sind die markierten Winterwege dafür in der Regel zuverlässig zu finden.

Das GPS zeigt die gleiche Karte wie ich sie auch auf Papier dabei habe (Foto: Malte Hübner)
Das GPS zeigt die gleiche Karte wie ich sie auch auf Papier dabei habe

Mit etwas technischer Fingerfertigkeit lassen sich mehrere OSM-Karten miteinander als Overlay kombinieren. So hast du die Routen direkt in deiner normalen Karte integriert. Ich selbst nutze am liebsten eine Mischung aus OSM-Karten und heruntergeladenen Karten-Overlays, beispielsweise aus den topografischen Schwedenkarten (Achtung! Älteres Material, aber meist tauglich). So sehe ich auf dem Display dasselbe wie auf dem Papier. Das macht es deutlich einfacher, wenn ich unterwegs einen neuen Track erstellen möchte. Ein Autorouting ist meines Wissens noch nicht möglich. Eigentlich finde ich das sogar ganz gut. So bleibt es etwas Handarbeit.

Gibt es noch andere Möglichkeiten zu navigieren?

Beim Laufen gibt es neben Karte, Kompass und GPS noch gute andere Möglichkeiten, Kurs zu halten:

  • Das Smartphone fällt dir wahrscheinlich als erstes ein, oder? Ich verlasse mich niemals darauf, denn bei großer Kälte schalten sie manchmal einfach ab. Lies gern auch in der „Berg und Steigen“ einen kritischen Artikel zu digitalen Geräten am Berg. Mit Offline-Karten lässt sich auf der Hütte oder im Zelt damit komfortabler arbeiten, als mit vielen GPS-Geräten.
  • Eine Smartwatch bzw. Outdooruhr mit Anzeige des GPS-Tracks ist zwar weder ein verlässliches Navigationsgerät noch ist das tägliche Nachladen komfortabel, aber zur Unterstützung und den schnellen Kontrollblick mag sie manchen taugen.
  • Gesteckte Routen der Tourismusverbände: Teilweise werden diese Routen aber nur in den Ferien gesteckt. Das ist übrigens ein guter Grund, die Tourismusverbände mit einer Mitgliedschaft zu unterstützen.
  • Folge einer Scooterspur, oft führen diese zu einer Hütte (Achtung! Überprüfe regelmäßig, ob sie noch dem eigenen Weg entspricht. Ich habe mich dabei schon vertan.)
  • Orientiere dich an der Windrichtung (Dafür musst du grob die Richtung kennen. Besonders genau ist es leider auch nicht, aber zumindest läufst du nicht im Kreis. Polarprofis haben dafür einen Bindfaden am Skistock.)
  • Vom Wind geformte Spuren in der Landschaft (Wenn es eine klare Hauptwindrichtung gibt, siehst du diese oft an den Schneeformationen.)
  • Sonnenstand (Dass die Erde sich dreht, ist klar, nä?)

Allerdings sind alle diese Navigationsmöglichkeiten fehleranfälliger als Karte und Kompass. Im Zusammenspiel sind es aber gute Ergänzungen, um den Kurs zu halten.

Bei guten Wetterbedingungen reicht es oft aus, sich am Gelände zu orientieren und den Weg nur ab und zu mit der Karte und dem Kompass abzugleichen. Dabei nimmst du auch am meisten die wunderschöne Landschaft wahr! Tage, an denen ich viel navigieren muss, kann zumindest ich weniger genießen.

Schwedischer Winterweg im Tiefschnee (Foto: Malte Hübner)
Das T schaut noch heraus (Foto: Malte Hübner)
Kilometerangaben gibt es nur selten (Foto: Malte Hübner)
Freigeblasene Sommermarkierung vom DNT (Foto: Malte Hübner)

Wegweiser im Winterfjell

Streckenführung auf Wintertouren

Gute Streckenführung auf Wintertouren hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen neben der Geländebeschaffenheit auch dein skifahrerisches Können, das Wetter und die Schneebedingungen. Wenn ich keiner bekannten (oder markierten) Route folge, dann orientiere ich mich bei der Streckenführung an folgenden Merkmalen:

  • Keine zu steilen Passagen, die ich mit Fjellski und Pulka nicht abfahren kann.
  • Auch bergan bevorzuge ich sanfte Anstiege und nehme dafür kleine Umwege in Kauf.
  • Ich bevorzuge daher langgezogene Täler oder zugefrorene Seen statt steilem auf und ab.
  • Äußerste Vorsicht ist geboten beim Überqueren von unsicherem Eis.
  • Manchmal kann es sinnvoll sein, einige Meter höher am Hang zu laufen, weil der Schnee dort fester ist als in der Talsohle (insbesondere bei Baumbestand im Tal).
  • Keine lawinengefährdeten Hänge queren und auch im Tal genügend Abstand zu diesen halten (ideal ist doppelte Hanglänge).
  • Neben der Grobplanung mit der Karte passe ich die Route immer an die Geländebeschaffenheit „auf Sicht“ an.
  • Bei schlechtem Wetter versuche ich noch stärker, mich am Gelände zu orientieren (Tal, Auffanglinie, etc.), das gilt insbesondere bei Whiteout.

Whiteout bedeutet, dass die Konturen in deinem Blickfeld verschwimmen, weil es neblig ist oder du im Schneesturm steckst. Alles um uns herum ist weiß. Du erkennst also weder den Horizont noch die Landschaft, noch nicht einmal die Unebenheiten im Schnee. Auch leichte Hanglagen sind schwer einzuschätzen, weil wir doch sehr an die visuelle Unterstützung des Gleichgewichtssinns gewöhnt sind. Nebel ist dabei relativ harmlos, ein Schneesturm ist da schon deutlich unangenehmer.

Dann bin ich immer froh über gute Markierungen auf den Wegen. Die schwedischen Wegkreuze sind dabei besser sichtbar als das norwegischen Birkenreisig. Leider wird dabei nicht verlässlich umgesetz, dass ein doppeltes Andreaskreuz auf eine Gefahrenstelle wie eine Geländestufe hinweist. Sei also immer vorsichtig und vermeide auf jeden Fall alle steilen Hänge, auch wegen der Lawinengefahr. Insgesamt halte ich Orientierungslosigkeit für eine der großen Gefahren auf Wintertour (außer Kälte).

Da die Landschaft kaum Anhaltspunkte mehr bietet, sind wir sonst auf Kompass, GPS und unseren Sinn für das Geradeauslaufen angewiesen. Die Navigation mit dem Kompass bedeutet, dass du im Prinzip dauerhaft auf ihn schauen musst, um den Kurs zu halten. Den Kurs musst du aus der Papierkarte bestimmen und solltest dir als Ziele immer eindeutige Auffanglinien suchen, die du auch im Whiteout nicht verfehlen kannst. Ein Bergmassiv könnte so etwas sein oder ein Seeufer. Das GPS zeigt dir dabei schon genauer, ob du auf Kurs bleibst. Aber wie du ja inzwischen gemerkt hast, verlasse ich mich nicht gerne ausschließlich darauf.

Gesteckte Route hieß in diesem Fall, dass ab und zu mal ein Bambusstab steckte (Foto: Lutz Grünke)
Gesteckte Route hieß in diesem Fall, dass ab und zu mal ein Bambusstab steckte

In Kombination von Kompass und GPS kannst du aber ganz gut vorankommen, vorausgesetzt du hast die notwendigen Nerven für den Blindflug. Du solltest dich dabei schon voll auf deine Navigationsfähigkeiten verlassen können. Und es hilft, wenn du gut geradeaus laufen kannst.

Bei einem Versuch, einen großen See im leichten Whiteout zu queren, haben wir festgestellt, dass zwei von uns ohne visuelle Orientierung einen Linksdrall hatten und einer einen Rechtsdrall. Witzig daran fanden wir auch unsere Versuche, das auszugleichen. Fast immer kompensierten wir unbewusst zu stark und es trieb uns dafür in die entgegengesetzte Richtung vom Kurs ab.

Bedenke also bitte bei der Navigation im Whiteout immer, dass du dich verlaufen könntest. Im Schneesturm wäre es meistens besser, sich mit dem Windsack einzugraben und abzuwarten.

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3 Gedanken zu „Navigation im Winter und bei Whiteout“

  1. Hallo Malte.
    Eine grundlegende Frage zu Kompasstauglichkeit in Nordgebieten:
    Oft heißt es z.B. bei Suunto MC 2 „Flüssigkeitsgefüllte Kapsel für stabilen Betrieb“
    Wie ist es mit mit der Kältewirkung? Friert die Flüssigkeit in der Kapsel bei Minustemperaturen nicht ein? Oder handelt es sich standartweise um eine Ölfüllung?
    Vielen Dank im voraus
    Valery

    Antworten
    • Moin Valery,
      sorry für meine späte Antwort, ich war in Schweden zum Wandern. Ich glaube, das ist immer eine Ölfüllung und bisher hatte ich weder mit Silva noch mit Suunto irgendwelche Probleme bei Kälte. Suunto gibt als Betriebstemperatur für den MC 2 -30 Grad Celsius an. Das sollte fast immer reichen.
      Viele Grüße
      Malte

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