Unsicheres Eis überqueren mit Ski und Pulka

Bevor ich mit den Warnungen beginne, möchte ich zunächst einmal entwarnen: Wer in der Hauptreisezeit von Mitte Februar bis Mitte April den markierten Winterrouten folgt, kann fast jedes Eis überqueren und dadurch ohne große Höhenunterschiede vorankommen. Die Eisdicke von Seen und kleineren Flüssen reicht dafür in der Regel aus, zumal oft noch zusätzlich Schnee auf dem Eis liegt.

Eisflächen stellen also kein Hindernis und auch nicht zwingend eine Gefahr dar. Im Gegenteil: Oft kommst du im Winter bequemer voran, weil du über die Seen laufen kannst, anstatt sie zu umrunden. Trotzdem sollte dir bewusst sein, dass natürliche Eisflächen nie ganz sicher sind.

Inhaltsverzeichnis

Gefahren durch Eisflächen

Beim Überqueren von unbekanntem Eis besteht immer die Gefahr, dass du die Eisdicke falsch einschätzt. Brichst du oder jemand aus deiner Gruppe trotz aller getroffenen Vorsichtsmaßnahmen ins Eis ein, besteht für das Einsturzopfer unmittelbare Lebensgefahr.

Durch den Kälteschock steigt die Atemfrequenz enorm an und führt im Zweifelsfall zu Hyperventilation und Atemnot. Die erhöhte Pulsfrequenz kann zu Panik und im Extremfall sogar zum Herzstillstand führen. Innerhalb weniger Minuten stellt der Körper die Blutversorgung der Extremitäten ein und die Hände werden taub und unbeweglich.

Der Körper befindet sich also unmittelbar nach dem Einbrechen in einer Extremsituation, die auch nach der Bergung aus dem Eis andauern und zum Tod führen kann. Deshalb ist schnelle und gezielte Hilfe besonders wichtig.

Bevor es aber zu einer solchen Grenzsituation kommt, ist es wichtig, schon durch eine gute Tourplanung, spätestens aber vor Ort typische Gefahrenstellen zu erkennen und nach Möglichkeit zu umgehen.

Dünnes Eis

Unsicheres Eis gehört neben Wind und Kälte zu den größten Gefahren auf Wintertouren. Besonders schwierig zu erkennen wird es, wenn die Eisoberfläche mit Schnee bedeckt ist, weil dadurch die Schwachstellen nicht mehr zu sehen sind. Du solltest daher grundsätzlich nur Eisflächen überqueren, bei denen du dich vor dem Betreten vergewissert hast, dass die Eisschicht dich samt Pulka trägt.

Die Eisdicke wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst:

  • Klima allgemein (Der Klimawandel macht sich auch im Winterfjell bemerkbar.)
  • Wetter in den Wochen zuvor (hohe Temperaturen, Eisbewegung durch Wind)
  • Schneedecke auf dem Eis (Schnee isoliert gegen die Kälte der Luft)
  • Tiefe und Größe des Gewässers (kleine Gewässer frieren schneller zu)
  • Fließgeschwindigkeit des Gewässers
  • Salzgehalt im Wasser
An diesem Ablauf aus dem See gab es zum Glück eine Brücke (Foto: Malte Hübner)
An diesem Ablauf aus dem See gab es zum Glück eine Brücke

Zuläufe und Abläufe führen zu Schwacheis

Bei Seen sind die Bereiche um die Zu- oder Abflüsse die Gefahrenstellen, die du möglichst meiden solltest. Durch die Bewegung des Wassers gefriert es hier langsamer und das Eis wird in Richtung des Zulaufes bereits dünner. Ein größerer See kann aber oft auch dann sicher zu überqueren sein, wenn irgendwo Fließwasser ein- oder ausströmt.

Ähnlich verhält es sich bei steinigen Ufern, wo das Wasser durch die Bewegung im Wind länger benötigt, um zu gefrieren. Gefährlich wird es hier spätestens dann, wenn du das Wasser bereits plätschern siehst oder hörst.

Fließgewässer

Je schneller das Wasser fließt, desto länger dauert es, bis es gefriert. Oft friert nur eine dünne Schicht zu, unter der das Wasser weiter rauscht. Die Schneedecke auf der dünnen Eisschicht isoliert außerdem gegen die kalte Luft und verhindert ein weiteres Zufrieren. Manchmal kannst du den Fluss sogar auf einer dicken Schneebrücke überqueren, unter der sich kaum Eis befindet. Aber es ist sehr schwierig zu erkennen, wann diese Brücken tragen. Flüsse erfordern also immer deine volle Aufmerksamkeit, wenn du dort die Eisfläche überqueren musst.

In Biegungen fließt das Wasser in der Außenkurve oft schneller als innen, sodass die Eisdecke außen dünner ausfallen kann als auf der Innenseite.

In natürlichen Flussläufen ändert sich die Fließrichtung auch durch Hindernisse wie Bäume oder Steine im Wasser, die unter Eis und Schnee nicht sichtbar sind. Ragen solche Hindernisse nach oben heraus, werden diese Stellen durch die Erwärmung der Sonne ebenfalls etwas gefährlicher. Gleiches gilt für dicht am Ufer liegende kleine Inseln.

Dieser Fluss ist nicht sicher zu überqueren (Foto: Malte Hübner)
Dieser Fluss ist nicht sicher zu überqueren

Menschengemachte Gefahren

Ähnlich wie mit den Zu- und Abläufen zu Seen verhält es sich mit den vom Menschen verursachten Gefahren. Am gefährlichsten ist daher das Eis von Stauseen. An Staudämmen und künstlichen Abläufen zur Energiegewinnung mit Turbinen kann das Eis besonders dünn oder brüchig sein.

Wird ein See bzw. sein Wasserpegel stark reguliert, kann sogar das gesamte Seeeis als Fläche absinken und dann findest du am Ufer eine steile Eisbruchkante vor. Ich habe einmal erlebt, wie schwierig es sein kann, mit der Pulka über diese Eisschollen nur wenige Meter nach oben zu klettern. Die Mitte des Sees war dennoch topfeben und wir konnten das Eis gefahrlos überqueren.

Normalerweise folgt man auf Stauseen ausschließlich den markierten Wegen und erkundigt sich besser vorher bei den Einheimischen, ob man die Eisfläche sicher überqueren kann.

Wasserkraft ist in der Karte oft an kleinen Staudämmen erkennbar
Wasserkraft ist in der Karte oft an kleinen Staudämmen erkennbar (Bild: Norgeskart)

Wann ist das Eis dick genug, um es zu überqueren?

Ab einer bestimmten Eisdicke trägt das Eis dein Körpergewicht und du kannst es gefahrlos betreten. Natürliches Eis ist jedoch Schwankungen unterworfen und die Wasseroberfläche gefriert nie exakt gleichmäßig.

Du kennst das aus dem deutschen Winter, wenn die Mitte eines Sees bereits zugefroren ist, geschützte Uferbereiche aber noch völlig eisfrei sind. Für die Tragfähigkeit solltest du daher immer von der schwächsten Stelle ausgehen.

Wann trägt Eis auf Salzwasser?

Süßwasser gefriert schneller als salzhaltiges Meerwasser. Und da die Nordsee zum Beispiel salziger ist als die Ostsee, friert letztere auch etwas eher zu. Auf klassischen Wintertouren im Fjell wirst du es aber immer nur mit Süßwasser zu tun haben. Daher gehe ich hier nicht detailliert auf Meereisüberquerungen ein.

Grundsätzlich solltest du beim Betreten von Meereis beachten:

  • Oft führen eisfreie oder gerade erst zugefrorene Rinnen durch dickere Eisschollen. Diese Bereiche sind besonders gefährlich!
  • Je größer die Entfernung zwischen festen Eisflächen oder dem Land ist, desto unvorhersehbarer sind die Bedingungen jenseits des Startpunktes.
  • Starke Winde und stärker ausfallende Gezeiten verringern die Vorhersehbarkeit der Eisdicke erheblich.
  • Die Lufttemperatur hat den größten Einfluss auf die Eisdicke. Erst ab mehreren Tagen unter -25° Celsius ist Meereis vorhersehbar tragfähig.
  • Deshalb gilt außerhalb professioneller Polarexpeditionen: Vermeide Meereis, wo immer du kannst, wenn du die Tragfähigkeit nicht sicher einschätzen kannst.
Blankes Seeeis ist meist sicher zu überqueren (Foto: Malte Hübner)
Blankes Seeeis ist meist sicher zu überqueren

Wann trägt Eis auf Süßwasser?

Bei einem stehenden Gewässer kannst du ab einer durchgehenden Eisdicke von mindestens 10 cm relativ gefahrlos das Eis überqueren. Mit Ski verteilt sich dein Gewicht zwar besser, aber weniger als dieser Dezimeter sollte es nicht sein. Denke trotzdem an genug Abstand zueinander. Vergiss alte schwedische Maßstäbe, dass bereits 5 cm eine Person tragen. Erstens waren diese bestimmt leichter bepackt und zweitens auf Schlittschuhen unterwegs und daher schnell.

Schneemobile können ab 15 cm Eisdicke über das Eis gefahren werden, wobei manch wagemutiger Same schon bei weniger Zentimetern fährt, aber auch tausendmal mehr Erfahrung damit hat.

Bei Fließgewässern sollte die Eisschicht erst ab einer Dicke von 20 cm betreten werden und du musst besonders auf Anzeichen für unsicheres Eis achten.

Zeichen für unsicheres Eis

Bereits einzelne der folgenden Punkte können auf unsicheres Eis hindeuten:

  • Schilder mit der Aufschrift „Varning, svag is!“ 😉
  • offenes oder fließendes Wasser am Eisrand
  • sichtbar fließendes Wasser unter dem Eis
  • Stellen, an denen offenes Wasser unter das Eis fließt oder unter dem Eis hervortritt
  • offene eisfreie Stellen wie Löcher, Risse oder Kanten
  • Eis, das frisch gefroren aussieht
  • Unerwartete Veränderungen der Eisoberfläche, die dir vorher nicht aufgefallen sind, wie eine zunehmende Anzahl von Rissen oder lautes Knallen von Stressrissen
  • kleine Risse in dickem Eis sind ungefährlich und auch „Lasergeräusche“ sind nur weit entfernte Stressrisse
Eine Brücke weist auf einen schneller fließenden Fluss hin (Foto: Malte Hübner)
Eine Brücke weist auf einen schneller fließenden Fluss hin

Farbe des Eises

Auch an der Farbe des Eises lässt sich sein allgemeiner Zustand ablesen. Dies erfordert allerdings viel Übung. Ich würde es mir selbst nicht zutrauen, dadurch eine im wahrsten Sinne des Wortes belastbare Einschätzung zu treffen, ob ich das Eis überqueren könnte:

  • Hellgraues bis tiefschwarzes Eis: Es handelt sich wahrscheinlich um schmelzendes Eis und sollte nicht betreten werden. Eis schmilzt oft früher als Schnee auf Landflächen oder in Senken.
  • Weißes bis undurchsichtiges Eis: Vom Wasser gesättigter Schnee (auch Slush oder Sulzschnee genannt) bildet auf dem Eis eine weitere Schicht. Wegen der eingeschlossenen Luft ist dieses Eis schwach und porös.
  • Meliertes und matschiges Eis: Dieses Eis löst sich bereits auf und ist gegen Ende des Winters weit verbreitet. Die melierten Stellen entstehen durch Sedimente und Pflanzen.

Zeichen für sicheres Eis

Einzelne der folgenden Punkte reichen nicht aus, um auf sicheres Eis zu schließen. Es ist vielmehr die Summe:

  • dickes, gleichmäßiges und blaues Eis (wirkt oft durchsichtig)
  • kleine, geschlossene Risse sind unproblematisch
  • gleichmäßige Altschneedecke ohne nasse Flecken
  • markierte Route über den See zur Hauptsaison
  • regelmäßiger Scooterverkehr mit frischen Spuren
  • Hundeschlitten fahren darüber (Schlittenhunde meiden unsicheres Eis)
  • frische Spuren einer Rentierherde (Rentiere meiden unsicheres Eis)
  • frische Bohrlöcher der Eisangler (Eisangler meiden hoffentlich auch unsicheres Eis)
  • ein Blick in die abgedeckten Wasserstellen an Hütten zeigt die Dicke des Eises
  • ein Blick auf den Eisbericht auf iskart.no
  • notfalls kräftiges Stochern mit einem Eispickel (Skistock ist zu unsicher!)
Gesteckte Routen über Seen sind meist sicher (Foto: Malte Hübner)
Gesteckte Routen über Seen sind meist sicher

Wie ich selbst eingebrochen bin

Trotz meiner Beschäftigung mit dem Thema bin ich auf einer Wintertour überraschend selbst ins Eis eingebrochen und stand plötzlich bis zum Oberschenkel im Wasser. Alles in allem war es dank der geringen Wassertiefe nicht dramatisch, aber glaub mir, für Herzklopfen und einen Adrenalinschub reichte es in diesem Moment allemal. Was mein Fehler war und wie es dazu kam, kannst du auf dem Bild schnell erkennen. Wir kamen von Süden und wollten über den See nach Nordosten weiterziehen.

Hier bin ich ins Eis eingebrochen
Hier bin ich ins Eis eingebrochen (Screenshot: Google Maps)

Der Fluss kam ebenfalls von Süden und war stellenweise offenes Wasser, also nicht zu betreten. Da auch der Zufluss in den See innerhalb der Bucht immer eine Gefahr darstellt, kreuzten wir den Fluss an der Brücke (rote Striche), um am rechten Ufer weiterzugehen (orange Linie). Die größte Gefahr für dünnes Eis sahen wir in der direkten (vermuteten) Fließrichtung (blauer Bereich). Am äußeren Ufer hätte ich eher dickeres Eis vermutet, zumal dort eine Skispur verlief.

Als dritter in der Reihe habe ich wohl auch nicht weiter darüber nachgedacht und bin einfach hinterhergelaufen. An der mit dem Kreuz markierten Stelle gab dann plötzlich das Eis unter mir nach und ich stand mit meinen Ski etwa 80 cm tief im Wasser und Schneematsch.

Durch die Nähe zum Ufer und den festen Stand im Wasser konnte ich mich zwar problemlos selbst aus meiner Lage befreien, musste dann aber den Rest des Tages mit nassen Stiefeln weiterlaufen.

Was war mein Fehler und was lerne ich daraus?

Wie du wahrscheinlich selbst anhand des Satellitenbildes schnell erkennen kannst, wird der Fluss durch irgendein Hindernis unter Wasser umgeleitet und fließt am rechten Rand der Bucht entlang. Es war also eine denkbar ungeeignete Stelle zum Betreten des Sees und wenn ich dieses Bild gekannt hätte, wäre ich dort auch nicht entlanglaufen. Unter dem Schnee konnte ich das jedoch nicht erkennen und habe mich in der vermuteten Fließrichtung geirrt.

Ich ziehe daraus dennoch nicht den Schluss, Satellitenbilder von allen Streckenabschnitten zu studieren, aber bei der Fehleranalyse nach der Tour war das Bild hier sehr aufschlussreich. Stattdessen werde ich in Zukunft noch vorsichtiger an Zu- oder Abläufen sein, wenn ich dort Eis überqueren muss. Ich mache lieber einen größeren Bogen, auch wenn das von Felsen durchsetzte Ufer an dieser Stelle mit Pulka ziemlich beschwerlich gewesen wäre. Ein paar Satellitenfotos auf dem Navi oder Smartphone können zwar helfen, sind aber möglicherweise zeitaufwendiger als ein paar Meter Umweg.

Richtiges Verhalten, wenn du unsicheres Eis überqueren musst

  • Wirf beim Navigieren regelmäßig einen Blick auf deine Karte und achte auf Flüsse, Zu- oder Abläufe von Seen und Zeichen von Wasserkraft. Das sind die gefährlichsten Stellen.
  • Erkundige dich regelmäßig z. B. auf Hütten oder sprich mit anderen Wanderern über Gefahrenstellen.
  • Umgehe Gefahrenstellen besser, als einen Weg mitten hindurch zu suchen. Seen sind meist sicherer als die Querung von Flüssen, auch wenn das einen kleinen Umweg bedeutet.
  • Überquere Eisflächen in einer Gruppe nur mit genug Abstand zueinander.
  • Die Notfall- und Sicherheitsausrüstung sollte auf mehrere Personen im Team aufgeteilt werden und genauso wie trockene Kleidung griffbereit sein. Und selbstverständlich sollten alle wissen, was im Notfall zu tun ist.
  • Lockere deinen Pulkagurt vor unsicheren Passagen etwas, greife deine Skistöcke ohne Schlaufen und bleibe aufmerksam.
  • Auf blankem Eis läuft es sich etwas einfacher mit Steigfellen, selbst bei Stahlkantenski.
  • Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Ufernähe, in der Mitte von Seen ist das Eis oft am tragfähigsten.
  • Wenn Eis brüchig wird und du es knacken hörst, solltest du es so schnell wie möglich auf demselben Weg verlassen, auf dem du es betreten hast.
  • Du kannst dafür auch auf allen Vieren robben und dich auf deinen liegenden Skistöcken abstützen, um das Gewicht zu verteilen.

Wenn du unsicheres Eis überqueren und mit dem Einbrechen rechnen musst

  • Im besten Fall hat deine Gruppe ein dünnes Seil zur Hand, dass ihr dafür nutzen könnt. Bäume wären ideal zum Sichern, aber die gibt es selten.
  • Zieh möglichst wenig Kleidung an und wähle nur schnell trocknende Stoffe wie eine Hardshell. Es gibt von Thermotic sogar Stoffe mit eingenähtem Auftriebskörper.
  • Öffne im Zweifelsfall deine Skibindungen und stelle dich nur hinein. Sichere deine Ski mit einer Reepschnur an der Bindung und nimm das andere Ende in die Hand. Schiebe die Ski dann nur in kleinen Abständen voran. So kannst du die Ski beim Einbrechen sichern und schnell hinaufziehen.
  • Es folgen weitere Teammitglieder. Auch die Pulkas oder Rucksäcke werden am Seil hinterhergezogen, sobald man das andere Ufer erreicht hat. Ich allein habe immer 6 Meter Reepschnur im Werkzeugset für Wintertouren, wobei das streng genommen noch zu kurz ist.
Eine einzelne Scooterspur kann täuschen, aber hier war es sicher (Foto: Malte Hübner)
Eine einzelne Scooterspur kann täuschen, aber hier war es sicher

Kameradenrettung, wenn jemand ins Eis einbricht

Wenn jemand aus einer Gruppe ins Eis eingebrochen ist, heißt es zuallererst, Ruhe zu bewahren und gezielt zu handeln. Auf keinen Fall solltest du dich der Einbruchstelle zu weit nähern, sondern aus möglichst großer Entfernung eine Rettung einleiten. Beachte dabei folgende Punkte:

  • Öffne deinen Pulkagurt und lege alles überschüssige Gepäck ab, um möglichst leicht zu sein und dich im Falle des eigenen Einbrechens selbst retten zu können. Behalte deine Skistöcke für die Selbstrettung in der Hand.
  • Bei mehreren Personen sollte die leichteste Person ausgewählt werden.
  • Verteile dein Körpergewicht gleichmäßig auf beide Ski und einen breiten Stand. Nähere dich der Einbruchstelle nur so weit, wie es unbedingt nötig ist.
  • Lege dich alternativ in deine leere Pulka und schiebe dich mit deinen Skistöcken voran (umständlich und gefährlich!).
  • Nutze ein Seil, einen Wurfsack oder mit den Schlaufen ineinander eingehakte Skistöcke, um das Einsturzopfer damit aus dem Wasser zu ziehen. Auch auf dem Eis liegendes Gepäck kannst du später mit einem Lasso heranziehen.
  • Steht die Pulka noch auf sicherem Eis, kannst du hinten daran ziehen, während sich das Einsturzopfer vorne am Pulkagurt festhält. Das schafft gute 3 m Abstand.
  • Im schlimmsten Fall muss das Einsturzopfer seine Ski abschnallen und zurücklassen. Unter Wasser sind mit Ski keine Schwimmbewegungen möglich und die Ski können sich an der Eisöffnung verkeilen.
  • Wenn es möglich ist, die Ski auszuziehen und auf die Eiskante zu legen, können diese zur Lastverteilung nützlich sein.
  • Die herausgezogene Person darf nicht direkt aufstehen, sondern sollte mit Zugunterstützung in deine Richtung robben und das Gewicht dabei gut verteilen.
  • Nasses Eis ist außerdem besonders rutschig und ein Ausrutschen kann zum erneuten Einbrechen führen.
  • Es kann helfen, sich mit der nassen Kleidung im Schnee zu wälzen, weil dieser die Feuchtigkeit bindet.
  • Um eine Unterkühlung zu vermeiden, gilt es, die nasse Kleidung sofort auszuziehen und in trockene Kleidung zu wechseln. Zum Umgang mit Unterkühlung empfehle ich dir meinen Beitrag zu Erster Hilfe im Winter.

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Selbstrettung, wenn du alleine ins Eis einbrichst

Wenn du auf Solotour unterwegs bist, solltest du dich noch mehr davor hüten, unsicheres Eis zu überqueren. Wenn du alleine ins Eis einbrichst, hast du ein ernsthaftes Problem. Das kann schiefgehen und tödlich enden. Niemand zieht sich mal so eben hollywoodreif selbst aus dem Wasser. Wenn du dich auf den Ernstfall vorbereitest, besteht aber eine gute Chance auf Selbstrettung aus dem Eis.

In Skandinavien sind Isdubbar zur Selbstrettung beim Schlittschuhfahren auf großen Seen verbreitet. Isdubbar heißt übersetzt Eisdorn. Genau genommen trägt man zwei Handgriffe mit kurzen spitzen Pickeln an einer Schur um den Hals, um sie im Ernstfall schnell griffbereit zu haben. Du schlägst sie in das Eis an der Kante des Loches und versuchst, dich damit selbst herauszuziehen.

Das klingt viel einfacher als es ist, denn das Eis bricht dabei teilweise erneut auf und du befindest dich schnell in einer Paniksituation. Alternativ kannst du diese Technik mit den Spitzen deiner Skistöcke anwenden, was aber durch die Länge der Stöcke noch schwieriger ist. Die Bundeswehr trainiert das in diesem Video ohne Ski.

Wichtig ist auch bei Selbstrettungsversuchen, dass ein Hochstoßen mit Ski unter Wasser schwierig bis unmöglich ist. Du musst die Ski wahrscheinlich ausziehen, wie hier anschaulich als „akrobatisch“ beschrieben. Gelingt es dir, sie auf die Eisfläche zu schieben, kannst du damit nach der Rettung deine Last verteilen, um nicht erneut einzubrechen.

Anschließend gilt, was auch bei der Kameradenrettung richtig ist: Von der Einbruchstelle den eigenen Weg zurückkriechen, nicht zu früh aufstehen und dann sofort für trockene Kleidung und Wärme sorgen.

Offenen Wasserstellen solltest du nicht zu weit nähern (Foto: Malte Hübner)
Offenen Wasserstellen solltest du nicht zu weit nähern

Was gibt es noch zu beachten?

Bis du routiniert Eis überqueren kannst, dauert es seine Zeit und jede Wintertour bringt ein paar neue Erkenntnisse und Beobachtungen mit sich. Bleibt zu hoffen, dass der Klimawandel nicht mittelfristig zu mehr offenen Wasserstellen im Eis und einer generell höheren Gefahr auf Wintertouren führt. Wir müssten dann wohl auch mehr Umwege in Kauf nehmen.

Offenes Wasser furten oder durchwaten?

Wegen Eisbruch an den Ufern, Eis auf Steinen und sogar auf dem Grund ist davon abzuraten, selbst wenn dich das eiskalte Wasser nicht abschreckt. Wenn es gar nicht zu vermeiden ist, wähle eine möglichst breite und flache Stelle und bereite alles vor, um danach schnell wieder warmzuwerden.

Overflow: Wasser auf festem Eis

Wenn warme Perioden zum Antauen des Schnees auf dem Eis sorgen oder Wasser durch Risse nach oben drängt, kommt es zu sogenanntem Overflow. Auch Regen oder Schmelzwasser können auf das Eis laufen. Dann stehst du manchmal knöcheltief im Wasser, obwohl das Eis darunter noch meterdick sein kann und absolut sicher trägt. Das ist nicht nur unheimlich, sondern auch sehr schwer einzuschätzen.

Auf dem Abiskojaure tritt dieses Phänomen meines Wissens nach häufiger auf, wobei dort genug Verkehr ist, um sich bei der Tragfähigkeit sicher zu sein.

In besonderen Fällen befindet sich das Wasser zwischen Eis und Schneedecke und dann merkst du es erst, wenn du bereits darin stehst. Andererseits führen solche kleinen Überflutungen bei erneutem Frost zu einer sehr verlässlich tragenden Eisdecke, auch Aufeis genannt. Wer trockene Füße behalten will, überquert solche Stellen am besten in den frühen Morgenstunden nach einer frostigen Nacht.

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2 Gedanken zu „Unsicheres Eis überqueren mit Ski und Pulka“

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